In den vergangenen Wochen und Monaten hatten wir Sie ausführlich über das neue Mindestlohngesetz informiert: eine Fülle von Neuerungen, die Ihnen, Ihren Arbeitnehmern und uns das steuerliche Leben nicht leichter gemacht haben. Im Schatten dieser Neuerungen und der damit verbundenen Anforderungen hat die Finanzverwaltung jedoch noch etwas anderes für uns vorbereitet:
Die neuen GoBD
Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff
Das Wichtigste vorab in Kürze:
- Nach den neuen GoBD der Finanzverwaltung muss ab 01.01.2015 jedes Unternehmen seine Buchführung monatlich, spätestens bis zum 30. des Folgemonats, festschreiben (unten mehr dazu).
- Es gibt keine Vereinfachungs- und keine Geringfügigkeitsregeln.
- Um dies zu erreichen: Die Buchführung muss stets zeitnah, idealerweise bis zum 10. des Folgemonats, beim Steuerberater sein.
- Dies gilt unabhängig von den Fristen für die Umsatzsteuervoranmeldungen – also auch dann, wenn diese nur quartalsweise oder jährlich erfolgt.
Die neuen Regelungen und die möglichen Folgen im Detail
Die Finanzverwaltung behauptet, dass sie im Wesentlichen nur bereits Geltendes zusammenfassen würde, m. E. gehen die neuen Grundsätze aber weit über das bisher Dagewesene hinaus.
Letztendlich geht es darum, für alle verbindlich festzuschreiben, wie Buchführung auszusehen hat.
Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es sich hierbei um ein vom Finanzministerium aufgestelltes Regelwerk handelt, dessen Überprüfung im Einzelfall sicherlich noch den Finanzgerichten vorbehalten ist. Gleichwohl bleibt uns zum eigenen Schutz im Moment nicht viel anderes übrig, als diese Regeln zu beachten.
Eigentlich beginnt Buchführungspflicht ab bestimmten Größenmerkmalen (z. B. 50.000,00 € Gewinn pro Jahr) mit dem Hinweis des Finanzamtes, dass man fortan zur Buchführung (=Bilanz) verpflichtet sei. Wer glaubt, dass Buchführung eigentlich nur etwas für diese buchführungspflichtigen Unternehmen sei, der irrt schon an dieser Stelle:
Die GoBD vermerken ausdrücklich, dass die dort genannten Regeln für alle Unternehmen gelten.
Also: Buchführungspflichtige Einzelunternehmen, buchführungspflichtige Kapitalgesellschaften, eigentlich nicht buchführungspflichtige Einnahme-Überschuss-Rechner (Gewinnermittlung), Klein- und Kleinstunternehmen, Land- und Forstwirte, Unternehmen mit lächerlich wenigen Buchungsvorfällen (z.B. Komplementär-GmbHs) usw.
Es gibt keine Vereinfachungs- und keine Geringfügigkeitsregeln.
Es stellt sich die Frage: Was soll das alles? Der Zweck ist zwar nicht im Erlass genannt, aber doch so offenkundig, dass man ihn kaum übersehen kann:
Es geht um die Frage, ob ein Buchführungswerk ordnungsgemäß ist. Wenn es nicht ordnungsgemäß ist, so verliert es seine eigentlich kraft Gesetzes gegebene Beweiskraft. Wenn eine Buchführung ihre Beweiskraft verloren hat, so sind dem Prüfer des Finanzamtes Tür und Tor geöffnet für Zuschätzungen oder sogar Vollschätzungen.
Man gewinnt den Eindruck, es ginge darum, dem Steuerprüfer Zuschätzungen zu ermöglichen.
Wir wollen uns an dieser Stelle noch einmal die üblichen Zuschätzungsverfahren ins Gedächtnis rufen: Bei fehlerhafter Kassenführung (siehe mein Rundschreiben vom August 2014) werden „einfach mal so“ 10 % des Umsatzes zugeschätzt. Ich habe die Wirkung früher schon einmal dargestellt:
Rechenbeispiel
Haben Sie also z.B. einen Umsatz von 500.000,00 € und davon unterm Strich rd. 10 % Gewinn, also 50.000,00 €, so wäre eine 10 %ige Umsatz-Zuschätzung eine Verdoppelung des Gewinnes. Was sich also relativ wenig anhört (10 % Zuschätzung) entpuppt sich in Wahrheit als eine Verdoppelung der Besteuerungsgrundlagen und eine drastische Erhöhung der anfallenden Steuer (nicht nur Verdopplung, wg. der Progression im Steuertarif). Darüber hinaus heißt Zuschätzung von Umsätzen natürlich auch Zuschätzung von Umsatzsteuer. Das Ganze ist rechtlich „abgesegnet“ , siehe Urteil des Finanzgerichtes Düsseldorf vom 26.03.2012, dort RN Nr. 25.
Wenn Ihnen Vorstehendes in einer Betriebsprüfung widerfährt, führt eine Zuschätzung in den üblichen 3 Prüfungsjahren ganz leicht zu 70.000,00 € – 80.000,00 € oder noch mehr an Steuern.
Dieses von mir gern verwendete Beispiel zeigt, wie wichtig die nachfolgenden Hinweise sind.
Wesentliche Eckpunkte der neuen GoBD
- Die neuen GoBD gelten ab dem 01.01.2015.
- Einschneidendster Punkt ist zweifelsohne die Forderung nach monatlicher Festschreibung der Buchführung. Ich denke, dass sich hierauf die Prüfer der Finanzverwaltung ganz besonders stürzen werden. Die Buchführung beispielsweise für den Monat Januar ist spätestens zum Ende des Folgemonats, also bis zum 28.02., festzuschreiben. Festschreiben bedeutet in diesem Zusammenhang unveränderlich machen. Dies ist ein technischer Vorgang im Rahmen eines jeden Buchführungsprogrammes. Im Ergebnis können die so festgeschriebenen Buchführungsdaten danach nicht mehr geändert werden, sondern höchstens durch Gegenbuchung nachvollziehbar korrigiert werden.
Damit dies überhaupt funktioniert, müssen wir bei unseren Mandanten einmal mehr für eine rechtzeitige Abgabe der Buchführungsunterlagen an uns werben.
Nur bei einer rechtzeitigen und vollständigen Hereingabe können wir garantieren, dass eine rechtzeitige Festschreibung erfolgt. Ich kann allen Leserinnen und Lesern in diesem Zusammenhang nur dringend raten, dass Sie die Buchführung stets zeitnah, idealerweise bis zum 10. des Folgemonats bei Ihrem Steuerberater hereingeben. Bitte achten Sie darauf, dass die Buchführungsunterlagen vollständig sind, insbesondere also nicht noch Belege zu Bankauszügen etc. fehlen.
Auch der umsatzsteuerliche Quartalszahler muss die o.g. monatlichen Festschreibungsfristen einhalten. Es genügt also nicht, wenn die Buchführung für das I. Quartal 2015 am 30. April 2015 festgeschrieben ist. Denn der 30. April 2015 ist für Januar und Februar 2015 zu spät. Erst recht gilt dies für umsatzsteuerliche Jahreszahler.
Was Selbstbucher unbedingt beachten sollten
- Bitte achten Sie darauf, dass diese Festschreibung auch bei Ihnen im Hause erfolgt. Protokollieren Sie auch sorgfältig alle Änderungen, seien es programmtechnische Änderungen, Stammdaten etc., etc.
- Die Umsatzsteuer-Voranmeldung ist regelmäßig bei Dauerfristverlängerung bis zum 10. des übernächsten Monats abzugeben. Zwar erfüllen Sie Ihre Umsatzsteuerpflichten, wenn Sie am 09. März Ihre Buchführung für den Monat Januar abgeschlossen und die Steueranmeldung abgegeben haben, aber eben nicht die Anforderungen der GoBD.
- Mögliche Folge: Zuschätzung.
- Finanzielle Auswirkung: siehe Rechenbeispiel.
- Die neuen GoBD erfassen nicht nur die eigentliche Buchführung, sondern auch alle anderen „steuerrelevanten Daten“. Steuerrelevant ist im Zweifel natürlich das, was der Prüfer für steuerrelevant hält. So einfach ist das.
- Man denke auch daran, dass elektronische Daten jederzeit lesbar und natürlich auch elektronisch auswertbar gemacht werden können/müssen. Wechseln Sie also Ihr Buchführungssystem, sollten Sie zumindest die alte Version solange aufbewahren, bis die steuerlichen Aufbewahrungsfristen (10 Jahre nach der Veranlagung, also nach dem Jahres-Steuerbescheid) abgelaufen sind. Da kann man eigentlich nur hoffen, dass Sie mit Ihrem Buchführungsprogramm zufrieden sind, damit Sie nicht allzu häufig wechseln.
Sinngemäß gilt dies auch für Daten aus vorgelagerten EDV-Systemen (Registrierkassensysteme, Warenwirtschaftssysteme, Zahlungsverkehrssysteme, sog. Bankingprogramme, Geldspielgeräte, etc., etc.)
Unabhängig von der Festschreibung der Buchführung ist die Erfassung der Buchführungsvorgänge. Erfassung bedeutet zumindest eine ordnungsgemäße, systematische, also idealerweise nach Datum oder ggf. Alphabet, Ablage. Diese hat spätestens nach 10 Tagen, also noch innerhalb des Monats, zu erfolgen. Das kann also nur in Ihrem Hause geschehen. Allerdings bleibt hier die Frage, wie das Finanzamt das Nichtvorhandensein einer solchen Ursprungserfassung nachweisen will. Man wird Sie im Zweifel darüber befragen, wie Sie diese Ersterfassung / geordnete Ablage sicherstellen.
Elektronische Kontoauszüge
Vielfach werden heute elektronische Kontoauszüge verwendet. Wir sind über das DATEV-System in der Lage, Kontoauszüge von der Bank elektronisch anzufordern und einzulesen. Sofern also elektronische Kontoauszüge vorhanden sind, sind diese elektronischen Daten aufzubewahren. Achten Sie also z.B. bei einem Wechsel des Bankingprogrammes darauf, dass die alten Daten übernommen werden. Ich empfehle insoweit, sich nach wie vor auf Papier gestützte Unterlagen zu stützen. Parallel dazu kann m. E. eine elektronische Einlesung erfolgen, soweit die Papierauszüge lückenlos vorhanden sind.
Sie sehen also, es bleibt spannend. Ich gehe davon aus, dass das Bundesfinanzministerium seinen Erlass als einen weiteren Beitrag zum Abbau der Bürokratie betrachtet. Sollte es dennoch zu Änderungen oder sogar zum glücklichen, aber eher unwahrscheinlichen Fall einer Rücknahme oder Relativierung der beschriebenen Regelungen durch den Gesetzgeber kommen, werden wir Sie zeitnah informieren.
Sie haben Fragen dazu? Bitte sprechen Sie uns an!
Ihr Steuerbüro Harald H. Houben