Mandanten-Rundschreiben vom 14. Juli 2016
In meinem Rundschreiben vom 04.08.2014 unter dieser Überschrift habe ich Sie über die Neuerungen bei elektronischen Registrierkassen informiert. Die Übergangsfrist, in der noch alte Registrierkassen eingesetzt werden konnten, endet mit dem 31.12.2016. Die Übergangsfrist gilt nur, wenn Sie Ihre Kasse soweit als möglich aufrüsten ließen. Alle Hoffnungen, dass sich hier noch irgendetwas politisch bewegt, sind m. E. vergeblich, da die Finanzverwaltung mittlerweile über weitere Verschärfungen ab 2019 ( ? ) nachdenkt.
Zusammenfassung / Was bisher gilt:
- Z-Bons sind mit lückenloser, aufsteigender Nummer aufzubewahren, auch versehentlich gedruckte Null-Bons.
- Die Bedienungsanleitung, Programmieranleitung, Einrichtungsprotokolle, Anweisung zum Ausdruck oder zur Unterdrückung bestimmter Daten und Änderungsprotokolle der Kasse sind aufzuheben.
- Die Programmierung der Kasse (dazu gehören z.B. auch die Einrichtung von Warengruppen, Sonder-Preisen, etc.) sind zu dokumentieren, soweit dies innerhalb der elektronischen Kasse durchgeführt wird.
- Sofern es sich um PC-gestützte Kassen handelt, achtet die Finanzverwaltung ganz besonders auf die Korrektheit. Denn diese Systeme laden bekanntlich geradezu ein, nachträgliche Veränderungen (Kassenmanipulation) vorzunehmen. Eine solche Kasse ist in der Regel in der Lage, jeden einzelnen Verkaufsvorgang sichtbar zu machen. Denken Sie daran, wenn Kassenreparaturen anstehen (Speicher sichern!).
Über die Einzelheiten hatten wir seinerzeit in unserem Rundschreiben informiert.
Was gilt ab 01.01.2017 ?
Alle Erleichterungen, die für den übergangsweisen, weiteren Einsatz der Alt-Kassensysteme galten, laufen mit dem 31.12.2016 unwiderruflich aus!
Wir raten Ihnen deshalb:
- Setzen Sie sich mit Ihrem Kassenlieferanten oder Hersteller in Verbindung und klären Sie, ob Ihre Kasse den neuen gesetzlichen Vorgaben genügt /entsprechend aufgerüstet ist.
- Lassen Sie sich schriftlich bestätigen, dass dies so ist und heben Sie diese Bestätigung sorgfältig auf.
- Falls dies nicht der Fall ist, führen Sie mögliche Updates durch. Diese müssen zu dem von der Finanzverwaltung geforderten Ergebnis führen. Lassen Sie sich nach dem Update auch das bestätigen.
- Erwerben Sie ggf. ein neues Kassensystem.
Welche Alternativen habe ich?
Das vorstehend Aufgeführte wird landauf/landab von Kassenherstellern und Kassenlieferanten propagiert. Teilweise sind die Informationen so aufgebaut, dass man den Eindruck gewinnen konnte, ein neues Kassensystem sei schon ab 01.01.2016 erforderlich. Dies ist natürlich falsch, dient wahrscheinlich nur der Umsatzsteigerung der betreffenden Hersteller und Händler.
Auch wird sehr gerne vergessen, dass es nach wie vor zulässig ist, eine offene Ladenkasse zu führen. Sie erinnern sich: Eine offene Ladenkasse bedingt Kassen-Tagesberichte, die täglich zu führen sind. Gerade bei kleineren Betrieben wäre zu prüfen, ob dies nicht eine kostengünstige Alternative wäre. Sie entgehen mit der offenen Ladenkasse nämlich der Flut von Formvorschriften für elektronische Kassen.
Allerdings bedarf auch das Führen einer offenen Ladenkasse größter Sorgfalt: Alle Einnahmen und Ausgaben sind aktuell, d.h. im Idealfall im Moment des Vorgangs, auf dem Kassenbericht einzutragen, spätestens jedoch am Abend des betreffenden Tages.
Aber: Eine offene Ladenkasse kann nur führen, wer eine Vielzahl von nicht näher bekannten Personen als Kunde hat und Waren von geringem Wert* verkauft. Bei vielen Vorgängen ist der Name des Kunden jedoch bekannt. Dies sollten Sie also in Ihren Aufzeichnungen kenntlich machen. So kennen z.B. Unternehmen, die wiederkehrende Dienstleistungen an Kunden ausführen (Fensterreiniger, Podologen, teilweise Friseure, Hotels (Meldezettel!), Autoreparaturwerkstätten, Restaurants im Falle von Familienfeiern/Betriebsveranstaltungen/Tagungen etc., vielfach Handwerker, die auf Bestellung zum Kunden kommen, Reinigungen) zumindest den Namen, oft auch Anschrift des Kunden. Hier hilft ein Zettel / das Blatt aus dem Auftragsblock etc., oder natürlich das Duplikat Ihrer Rechnung, der/das aufzubewahren und zur Kassenabrechnung beizufügen ist. Im Steuerfachjargon heißt so etwas Grundaufzeichnung. Sofern Sie Rechnungen schreiben, versteht sich von selbst, daß deren Durchschriften/Duplikate der Kasse beizufügen sind.
Die Finanzverwaltung behauptet gerne, dass auch ein Zählprotokoll vorhanden sein muss. Also eine Art Tabelle, mit Hilfe derer Sie am Ende des Tages beim Kassensturz die einzelnen Geldstücke und Scheine systematisch aufgelistet haben. In der Anlage habe ich ein solches Muster einmal beigefügt. Meines Erachtens ist dies Übermaß, kann aber auch nicht schaden. Viele von Ihnen dürften durchaus in der Lage sein, einen Geldbetrag auch ohne Zuhilfenahme eines Zählprotokolls zu ermitteln.
Bitte sprechen Sie uns an, wir werden Ihnen wie gewohnt beratend zur Seite stehen.
Zum Abschluss einige Hinweise aus der täglichen Praxis/der Betriebsprüfungspraxis:
- Achten Sie auf die korrekte Einstellung Ihres Kassensystems, insbesondere bezügl. Datum und Uhrzeit. Eine falsch eingestellte Uhrzeit kann den Eindruck vermitteln, dass Sie in einem Ladengeschäft den Kassenabschlag täglich um 14.00 h gemacht haben. Tatsächlich haben Sie ihn natürlich zutreffenderweise nach Geschäftsschluss getätigt, die Kasse zeichnet jedoch wg. fehlerhafter Einstellung etwas anderes auf. Schon haben Sie ein erhebliches Problem bei der nächsten Betriebsprüfung.
- Noch einmal: Eine Kasse kann nicht ins Minus kommen! Dies sollte eigentlich vollkommen klar sein, wird jedoch immer wieder missachtet. Bitte stellen Sie sich Ihre Kasse in altmodischer Weise als Geldkassette vor. Versuchen Sie mal, darin ein Loch zu graben.
Kasse im Minus = Schlachtfest für den Betriebsprüfer (Geschlachtet wird Ihr Vermögen) !
- Die Kasse muss täglich geführt werden. Rückwirkend über eine ganze Woche oder sogar noch länger ist nicht zulässig und stellt einen erheblichen Mangel dar.
Erheblicher Mangel = Schätzungsbefugnis für den Betriebsprüfer.
- Kassensturzfähigkeit: Bedeutet, dass der sich rechnerisch ergebende Kassenbestand jederzeit durch Zählen prüfbar ist. Wichtig in diesem Zusammenhang: Betriebsprüfungen kommen angemeldet, eine sog. Umsatzsteuer-Nachschau kann jederzeit unangemeldet stattfinden. Dabei kann der Prüfer von Ihnen einen Kassensturz verlangen. Passt dabei nicht der Kassenbestand lt. Kassensystem (elektronischer Registrierkasse) zum tatsächlich vorhandenen Betrag, erzielen Sie 2 Erfolge: Ein süffisantes Grinsen im Gesicht des Betriebsprüfers und eine deftige Steuer-Nachzahlung bei Ihnen.
- Natürlich kann es in einem Kassenbuch, in einem Kassen-Tagesbericht zu Fehlern bei den Eintragungen kommen. Tipp-Ex, intensives Durchstreichen bis zur Unkenntlichkeit sind tabu! Richtig: Einmal durchstreichen, so dass das Falsche noch lesbar ist und daneben/darunter die richtige Eintragung!
- Geld von und zur Bank: Es ist klar, dass dies zeitlich zusammenhängend sein muss. Eine Bar-Einlage in der Kasse lässt sich nicht mit einer Bankabhebung 10 Tage später begründen.
- Dauernde „Darlehen von Bekannten“ erhöhen nicht unbedingt die Glaubwürdigkeit der Buchführung.
- Computergestützte Registrierkassen, deren Programm eine nachträgliche Veränderung der Eingaben zulässt: Im Zweifel finanziell absolut tödlich. Zuschätzungen durch das Finanzamt sind Tür und Tor geöffnet. Glauben Sie mir: Das Finanzamt hat Spezialisten, die solche Programm-Schwachstellen aufspüren können und kennt fast alle am Markt verfügbaren Programme.
Lassen Sie mich zum Schluss eine Würdigung der Vorgaben der Finanzverwaltung geben:
Die Finanzverwaltung glaubt, hierdurch den Kassenbetrug eindämmen zu können, trifft jedoch letztendlich mal wieder den „kleinen Mann“. Wenn man einen Umsatz wirklich verschleiern will, wird der Betrag erst gar nicht in der Kasse eingegeben. Mithin gibt es auch nichts zu stornieren, keine falschen Z-Bons etc. Dafür braucht man keine manipulierbare Kassensoftware, sondern lediglich kriminelle Energie (Kassenmanipulation/Einnahmen nicht erklären=Steuerhinterziehung=Straftat).
Die Masse der Steuerzahler wird nach wie vor unter Generalverdacht der Steuerhinterziehung gestellt. Unsere gemeinsame Aufgabe muss sein, diesen Verdacht in Ihrem Fall erst gar nicht aufkommen zu lassen. In diesem Sinne bitte ich dieses Schreiben zu verstehen und sorgfältigst zu beachten.
Ihr Steuerberater in Viersen
Harald H. Houben
* ‚Geringer Wert‘ ist nach Auffassung der Finanzverwaltung ein Betrag unter 15.000,00 € je Einzel-Umsatz.