Natürlich kann eine in Deutschland umsatzsteuerfreie EU-Lieferung an ein anderes Unternehmen (B2B = Business to Business) nur erfolgen, wenn der Gegenstand auch wirklich in einen anderen EU-Mitgliedsstaat gelangt. Hier finden Sie meinen Beitrag aus dem Mai 2018 bezüglich der Gelangensbestätigung. Diese war relativ formlos durch jedweden Beweis möglich. Ideal waren natürlich auch bisher schon beispielsweise Versand-/Speditions-/Postdokumente, Bestätigung des Lieferungsempfängers über die Mitnahme und so weiter …
Wir haben heute zu unterscheiden zwischen der Gelangensvermutung, dem Gelangensnachweis und dem buchmäßigen Nachweis. In diesem Beitrag erläutere ich die Begriffe im Einzelnen und liefere Ihnen einen Überblick über die neuen Regelungen ab Juli 2021 im B2B-Verkehr.
Gelangensvermutung
Eine Gelangensvermutung besteht aus mindestens zwei Belegen, die von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden. Also beispielsweise ein Duplikat Ihrer Rechnung an den ausländischen Adressaten plus Versand-/Speditions-/Postdokumente. Im Regelfall sollte dies genügen.
Gelangensnachweis
Sind aber Fehler bei der Ausfertigung dieser Papiere unterlaufen, muss ein Gelangensnachweis beigebracht werden. Dies geschieht wieder mit dem Duplikat Ihrer Rechnung an den Empfänger der Lieferung in einen anderen EU-Staat plus einer Gelangensbestätigung dieses Empfängers. Dies zusammen genommen ergibt den Gelangensnachweis.
Hier ist zu erkennen: Ein Gelangensnachweis ist mehr wert als eine Gelangensvermutung. Und: Mit einem Gelangensnachweis lässt sich eine fehlerhafte oder unglaubwürdige Gelangensvermutung durchaus heilen.
Buchmäßiger Nachweis
Der Lieferer muss buchmäßig die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-ID) des Abnehmers nachweisen. Hierzu ist Folgendes aufzuzeichnen:
- ausländische USt-IdNr. des Abnehmers
- Name und Anschrift des Abnehmers
- Name und Anschrift des Beauftragten des Abnehmers bei einer Lieferung, die im Einzelhandel oder in einer für den Einzelhandel gebräuchlichen Art und Weise erfolgt
- Gewerbezweig oder Beruf des Abnehmers
- handelsübliche Bezeichnung und Menge des Liefergegenstandes inklusive der Fahrzeug-Identifikationsnummer bei Fahrzeugen
- Tag der Lieferung
- vereinbartes Entgelt oder bei Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Versteuerung) das vereinnahmte Entgelt und den Tag der Vereinnahmung
- Art und Umfang einer Bearbeitung oder Verarbeitung vor der Beförderung oder Versendung
- Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet mit Zielort (z. B. per Spedition nach Venlo)
Diese Voraussetzungen ergeben sich regelmäßig bereits aus der Rechnung.
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UST-ID)
Besondere Bedeutung kommt der USt-ID zu. Sie als Exporteur in ein anderes EU-Land benötigen also vom Leistungsempfänger eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die nicht eine deutsche Nummer ist. Liefern Sie also beispielsweise von Deutschland aus in die Niederlande, so sollte der Leistungsempfänger eine niederländische oder auch eine andere ausländische (z.B. eine französische) USt-ID bei der Bestellung/Lieferung verwenden. Dies ist nach einem neuen BMF-Schreiben materielle Voraussetzung für die Steuerfreiheit in Deutschland.
Eine besondere Bedeutung kommt hier dem Begriff „verwenden“ zu: Es genügt nicht, dass diese Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zum Beispiel auf dem Briefbogen des Leistungsempfängers, etwa bei einer Bestellung, mitgeteilt wird. Vielmehr muss ein positives Tun des Leistungsempfängers vorliegen. Mit anderen Worten: Der Leistungsempfänger muss erklären, dass er unter der USt-ID NL1234567890AB (fiktives Beispiel) beliefert werden will.
ACHTUNG: Es bleibt weiterhin wichtig, diese Nummer zu überprüfen.
Eine solche Überprüfung lässt sich für alle EU-ID-Nummern auf der Internetseite des Bundesamtes für Finanzen durchführen.
Bitte beachten Sie:
Ein Screenshot, in dem Ihnen die Richtigkeit der Nummer angezeigt wird, ist nur ein Indiz und reicht im Zweifel nicht. Sie können auf der gleichen Seite eine schriftliche Bestätigung, sogenannte qualifizierte Anfrage, anfordern. Ich rate Ihnen: Tun Sie das und bewahren Sie diese Bestätigung auf.
Etwas Positives ist dem BMF-Schreiben aber auch zu entnehmen: Denn dort heißt es: „Die nachträgliche Verwendung der an einem Zeitpunkt der Lieferung gültigen USt-ID-Nummer durch den Abnehmer entfaltet für Zwecke der Steuerbefreiung Rückwirkung.“
Zusammenfassende Meldung (ZM)
Weitere Voraussetzung für eine steuerfreie EU-Lieferung von Gegenständen ist die Erstellung der sogenannten Zusammenfassenden Meldung durch den Lieferer, die wir im Falle Ihrer Buchführung von uns aus veranlassen.
Die Zusammenfassende Meldung gem. § 18 a UstG ist zwingende Voraussetzung für die Steuerbefreiung der EU-Lieferung. Die Meldung hat bis zum 25. des Folgemonats zu erfolgen.
Für unsere Mandanten gilt: Wenn uns die Buchführung rechtzeitig vorliegt, erstellen wir für Sie diese Zusammenfassende Meldung und leiten sie an das Bundesamt weiter.
Für Fragen und Anmerkungen stehen wir Ihnen wie gewohnt zur Verfügung.
Ihr Steuerberater
Harald H. Houben