Am 1. Januar 2025 tritt in Deutschland eine Grundsteuerreform in Kraft. Alle Eigentümer von Haus- und Grundbesitz müssen die entsprechenden Erklärungen bis zum 31. Oktober 2022 beim Finanzamt abgeben. Dazu sind einige Informationen erforderlich, und nicht alle davon werden für jeden so leicht zu beschaffen sein. Zwar hat das Land NRW angekündigt, man werden „die betroffenen Eigentümer und Eigentümerinnen … intensiv unterstützen“. Doch wie das genau aussehen wird, weiß im Moment noch niemand. Daher mein Rat: Stellen Sie frühzeitig Ihre Unterlagen zusammen und beschaffen Sie Fehlendes! In diesem Beitrag finden Sie dazu weitere Informationen sowie meine persönliche Einschätzung.
Worum geht es überhaupt?
Die Erhebung der Grundsteuer erfolgt durch die Gemeinden auf der Grundlage des vom Finanzamt festgestellten Grundsteuerwertes (bisher: Einheitswert). Die Einheitswerte basieren hier bei uns in NRW auf Berechnungsgrundlagen aus dem Jahre 1964. In den Bundesländern, die ehemals zur DDR gehörten, sogar noch auf Werten aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg.
Eigentlich sah das Gesetz vor, dass diese alten Werte ständig weiterentwickelt werden, dies hat die Politik jedoch über Jahrzehnte versäumt. Im Jahr 2018 urteilte dann folgerichtig das Bundesverfassungsgericht, dass die bisherige Einheitswertberechnung verfassungswidrig – weil nicht mehr aktuell – ist. Wen wundert‘s?
Kein Sonderweg in NRW
Das Bundesgesetz zu dieser Grundsteuerreform verschaffte den Bundesländern die Möglichkeit, abweichende, insbesondere leicht zu berechnende Verfahren zu wählen. Leider hat NRW von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht (im Gegensatz zu z.B. Bayern, wo die Bewertung allein nach der Grundstücksgröße in m² erfolgen soll). Für NRW bleibt es beim sog. Bundesmodell für die Ermittlung der Grundsteuerwerte.
Das Bundesmodell ermittelt den Grundsteuerwert unterschiedlich, je nach Art des Grundstückes (unbebautes Grundstück, Wohnbebauung, gewerbliche Nutzung, landwirtschaftliche Nutzung oder auch Mischnutzung). Berechnungsgrundlagen sind – neben der Fläche und Lage des Grundstückes –die Kaltmieten, die Nutzflächen im Gebäude, das Gebäudealter, um nur die wesentlichsten Größen zu nennen.
Noch eine neue Belastung – und zwar unter Zeitdruck!
Mithin trifft die Eigentürmer ausgerechnet jetzt, wo ohnehin die Volkswirtschaft durch die Pandemie erheblich belastet ist, die Verpflichtung, neue Grundsteuerwert-Erklärungen beim Finanzamt abzugeben. Der Stichtag für die neue Bewertung ist der 1. Januar 2022, und es gibt ein sehr begrenztes Zeitfenster (1. Juli 2022 bis 31. Oktober 2022) für die Abgabe der Erklärungen beim Finanzamt. Die Finanzverwaltung hat dann aber gut zwei Jahre Zeit, aufgrund dieser Steuererklärung die Grundsteuerwert-Bescheide zu erlassen.
Immerhin hat der Finanzminister des Landes NRW, Herr Lienenkämper, bereits am 6. Mai 2021 durch seinen Pressesprecher erklären lassen, man werde das Bundesmodell in NRW mit „maximal möglicher Bürgerfreundlichkeit umsetzen und die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer intensiv bei ihrer Steuererklärung unterstützen. Dazu werden … rechtzeitig vor Abgabe der Steuererklärung alle Informationen individuell zur Verfügung“ gestellt werden, die bei den Ämtern verfügbar sind. Es soll sogar eine entsprechende Online-Plattform geben.
Bevor Sie sich jetzt entspannt zurücklehnen: Leider ist von diesen vollmundigen Versprechungen bisher nichts Realität geworden, die Finanzämter hüllen sich in Schweigen …
Am besten sofort um die Unterlagen kümmern!
Sie tun also gut daran, sich schon heute selbst um die Beschaffung der nötigen Unterlagen zu kümmern. Wenn es denn doch die versprochenen Informationen geben sollte, können Sie diese zumindest mit Ihren selbst beschafften Daten auf Richtigkeit abgleichen. Das kann bares Geld wert sein.
Welche Daten und Unterlagen sind voraussichtlich erforderlich?
- Der letzte Ihnen vorliegende Einheitswertbescheid (mit den alten Werten) nebst allen Anlagen/Berechnungen dazu
- Name, Anschrift und ID-Nummer der Grundstücks-Eigentümer
- Ein möglichst aktueller Grundbuchauszug (Im Zweifel der letzte, der Ihnen vorliegt), davon zumindest das sog. Bestandsverzeichnis und die Abteilung I
- Angaben zur Grundstücksfläche (ergibt sich aus c).
- Angaben zu Wohn- und Nutzflächen und den Geschossflächen
Gerade der letzte Punkt dürfte eine erhebliche Herausforderung darstellen: Sie finden derartige Berechnungen normalerweise bei den Architektenplänen, die anlässlich der Errichtung/des Umbaus/der Erweiterung/der Veränderung des Gebäudes angefertigt wurden. Wenn Ihr Gebäude in zum Beispiel im Jahr 1910 errichtet wurde und Sie der fünfte Eigentümer seither sind, könnten diese Unterlagen möglicherweise fehlen. Bei Eigentumswohnungen oder Teileigentum kann eventuell die Hausverwaltung behilflich sein.
Noch ein Wort zum Schluss: Was bedeutet „aufkommensneutral“ wirklich?
Die Politik hat versprochen, dass die Reform „aufkommensneutral“ sein soll. Was von den Versprechungen der Politik zu halten ist, überlasse ich natürlich Ihrer Einschätzung.
Aber bitte bedenken Sie: Aufkommensneutral bezieht sich auf das Grundsteuer-Aufkommen einer Gemeinde. Es kann also durchaus geschehen, dass das Grundstück A billiger als bisher bewertet wird und Grundstück B teurer. In Summe ist das für die Gemeinden aufkommensneutral. Allerdings nicht für den Einzelnen und schon gar nicht erfreulich für den Eigentümer von Grundstück B.
Ihr Steuerberater
Harald H. Houben